Geislingen Geislingen und Schubart: eine Hassliebe
Im Herbst 1763 bewarb sich C.F.D. Schubart von Aalen auf die Stelle als Hilfslehrer in Geislingen.
Fast sechs Jahre, von 1763 bis 1769, verbrachte er dort, heiratete und gründete seine Familie. Und dennoch fühlte er sich in Geislingen, einer sich überwiegend aus Handwerkern zusammensetzenden ulmischen Kleinstadt, geistig eingeengt.
Hier in Geislingen passiert nichts. Eine ewige langweilige Monotonie liegt auf uns und macht, daß ein Narr den andern angähnt.
1767 C.F.D Schubart an seinen Schwager
Aus seinen Vorbehalten gegenüber der Stadt und ihrer Bürgerschaft machte er keinen Hehl und sorgte in Geislingen mit seinem ausschweifenden Lebensstil für viel Gesprächsstoff. Manche beobachteten das Treiben des ‚Exoten‘ Schubart mit Belustigung, bei vielen löste sein Hinwegsetzen über Konventionen aber eher Empörung aus.
Am 21. September 1769 verließ Schubart schließlich Geislingen für eine Stelle als Organist und Musikdirektor in Ludwigsburg. In seinen Lebensbeschreibungen erinnerte er sich verklärend an seinen Abschied:
Unter tausend Tränen (…), von vielen beschenkt und allen gesegnet, und mit schwerem Herzen fuhr ich von Geislingen ab.
1769 C.F.D Schubart
Eine Hassliebe eben…
Das Schubart-Schulhaus
Das alte Schulhaus, heute „Schubart-Schulhaus“, steht am Kirchplatz unweit der Stadtkirche. Dort unterrichtete Schubart als Hilfslehrer (Adjunkt) des kränkelnden Präzeptors Wilhelm Georg Röbelen vom 26. Oktober 1763 bis zum Sommer 1769.
Neben seiner Tätigkeit als Knabenschulmeister war er weiterhin als Musikdirektor der Stadt- und Kirchenmusik und Musiklehrer der Schuljugend tätig. Er hatte außerdem eine halbe Stelle als Organist inne.
In seiner Zeit als Lehrer in Geislingen verfasste Schubart zahlreiche Schuldiktate, die die Stadt und ihre Bewohner mit viel Ironie beschreiben. Diese Texte waren sein Ventil, um mit der von ihm empfundenen geistigen Enge der Kleinstadt umzugehen.
Eine Auswahl von Schubarts Geislinger Schuldiktaten wurde 1991 vom Stadtarchiv Geislingen im Auftrag des Kunst- und Geschichtsvereins Geislingen e.V. herausgegeben. Eine dritte Auflage ist derzeit in Planung.
Der Alte Zoll
Die imposante Zollstation, genannt „Alter Zoll“, an der Reichsstraße zwischen Esslingen und Ulm, war der Schauplatz einer der ersten furiosen Auftritte Schubarts in Geislingen.
Der lokalen Legende zufolge machte der arme, aber ehrgeizige Hilfslehrer Schubart unmittelbar nach seiner Ankunft im Oktober 1763 den verschiedenen Honoratioren der Stadt seine Aufwartung, um sich gesellschaftlich zu etablieren. Sein Weg führte ihn auch zum Alten Zoll, wo der Geislinger Oberzoller Johann Georg Bühler amtierte. Diesen bat Schubart unumwunden um die Hand seiner Tochter Helene. Dem verdutzten Oberzoller soll er außerdem beharrlich erklärt haben, er werde dessen Haus erst verlassen, wenn dieser seine Einwilligung gebe.
Am 5. November wurde schließlich die Verlobung zwischen dem selbstbewussten Neuankömmling und der pietistisch erzogenen, schüchternen 19jährigen Helene Bühler bekannt gegeben. Am 10. Januar 1764 fand die Hochzeit statt. Von seiner Ehe sprach Schubart rückblickend, sie sei „die Verbindung des Sturms mit der Stille (…), der Anarchie mit der Ordnung“ gewesen.
Das Schubarthaus
Das heute als „Schubarthaus“ bezeichnete Gebäude aus dem 15. Jahrhundert befindet sich in unmittelbarer Nähe des heutigen Geislinger Rathauses in der Schlossgasse. Im zweiten Stock des Hauses ließ sich das Ehepaar Schubart nach der Hochzeit im Januar 1764 in einer Vierzimmerwohnung nieder – in Laufweite des Alten Zolls und damit stets im Visier des strengen und kritischen Schwiegervaters Oberzoller Johann Georg Bühler.
Am 14. Februar 1765 wurde in diesem Haus der Sohn Ludwig Albrecht geboren, am 30. Mai 1766 Johann Jakob, der zwei Wochen später bereits verstarb. Am 16. Juli 1767 kam schließlich Tochter Juliane zur Welt. Die Familie Schubart lebte bis zu ihrem Umzug nach Ludwigsburg 1769 in der Schlossgasse.
Der Forellenbrunnen
Der „Forellenbrunnen“ in der Fußgängerzone Geislingens ist ein Werk des deutschen Bildhauers Gernot Rumpf (geb. 1941). Er wurde 1982 eingeweiht.
Neben den beiden Elefanten, die sich auf das Wappentier der Gründer der Stadt, der Grafen von Helfenstein, beziehen, sind die Forellen im Brunnen eine Anspielung auf Schubarts Gedicht „Die Forelle“. Dieses hatte er während seiner Gefangenschaft auf der Festung Hohenasperg (1777–1783) verfasst. Es wurde allerdings erst mit Franz Schuberts (1797–1828) Vertonung weltberühmt.
Die im Brunnen liegenden Fischplastiken stellen humorvoll Charakterzüge der Geislinger Bürgerschaft dar. Als zusätzliche Anspielung auf Schubart steht auf dem Beckenrand außerdem ein Schuh mit Bart.
Straßenschild der Schubartstraße
Wie viele Städte Württembergs benannte auch Geislingen eine seiner Straßen nach C.F.D. Schubart, der hier sechs Jahre lang lebte und wirkte. Sie ist eine Querstraße zur Hauptstraße und führt am Alten Zoll vorbei, wo Schubarts Schwiegereltern lebten.
Die Schubart-Realschule
Die Geislinger Schubart-Realschule ist die einzige Realschule Deutschlands, die nach C.F.D. Schubart benannt ist.
Schubart-Kulturpreis für junge Talente
Die Idee zum Schubart-Kulturpreis entstand 2013. Ziel ist es, den lokalen Kunstnachwuchs zu fördern und ihm eine Plattform zu bieten. Der Preis zeichnet jährlich zwei junge Künstler aller Sparten aus der Region Geislingen im Alter von 15 bis 25 Jahren aus.
Die Schubart-Kulturpreise werden von der Bürgerstiftung Geislingen gestiftet. Die Preisträger werden anlässlich der Abschlussveranstaltung des Geislinger Kulturherbstes vom Oberbürgermeister sowie vom Vorsitzenden der Bürgerstiftung Geislingen geehrt.