Ludwigsburg und Schubart
Der württembergische Hof in Ludwigsburg war ein Zentrum der Künste, das weit über die Grenzen des Landes für seine prachtvolle Ausstattung bekannt war. Herzog Carl Eugen engagierte für die Residenz die besten Künstler seiner Zeit. Insbesondere der Bau des damals größten Opernhauses in Europa, die erste öffentliche Bibliothek Württembergs und die Akademie der Künste machten die Stadt berühmt. Damit schuf Carl Eugen bestmögliche Voraussetzungen für künstlerische Produktivität und geistigen Austausch. Christian Friedrich Daniel Schubart wurde als Stadtorganist und städtischer Musikdirektor im Jahr 1769 Teil dieser internationalen Gesellschaft.
Der Musiker und Dichter stand nun mitten im Ludwigsburger Hofleben. Nahe der Stadtkirche, in der er als Organist tätig war, bewohnte Schubart in der heutigen Kirchstraße 18 eine geräumige Wohnung. In den Gottesdiensten brillierte er mit seinem Orgelspiel, so dass viele Kirchgänger nur der Musik wegen kamen. Zum Ärger des Dekans kehrten sie dem Gotteshaus noch während der Predigt wieder den Rücken.
Nicht nur als Musiker und Dichter war Schubart bekannt, sondern auch als genauer Beobachter und kritischer Kopf:
„Hier ist alles in den gewöhnlichen Lustbarkeiten des Hofes ersoffen. Opern, Bälle, Capucinaden, Harlekinaden, Comödien, … Ich bin nunmehro ein Hofmann! Stolz, windicht, unwissend, vornehm, ohne Geld und trage samtne Hosen, die, so Gott will, noch vor meinem seeligen Ende beuahlt werden sollen. … Du wirst mich in einem neuen Logis antreffen, geypßt, weit, modisch, hell, wie es sich vor einen Hofmann gehört. Meine Studirstube hat sich in ein Puzzimmer verwandelt, mein Pult ist eine Toilette; meine Bücher hab‘ ich einem kontrakten Schulmeister geschenkt, und statt des Tobaks kaue ich Lavendel. Ich freue mich von Herzen über das Privilegium: dumm und vornehm zu seyn, und lache über euch Autoren mit der parpierenen Unsterblichkeit“.
David Friechrich Strauß (Hg.), Christian Friedrich Daniel Schubart’s Leben in seinen Briefen, Berlin, 1849, mit Brief an Gottfried Böck, 1771
Trotz seiner Abhängigkeit von der Gunst des Herzogs, war Schubart bei der Durchsetzung seiner künstlerischen Freiheit oft kompromisslos und bewahrte sich sein freies Denken. Sein herausforderndes Verhalten und die offen ironische Beschreibung der Verhältnisse am Ludwigsburger Hof führten jedoch dazu, dass Carl Eugen ihn nach vier Dienstjahren entließ und aus Württemberg verbannte.
1777 ließ der Herzog ihn in seinen Herrschaftsbereich nach Blaubeuren zurücklocken, festnehmen und ohne Prozess auf dem Hohenasperg inhaftieren. Schubart hatte vergeblich gehofft, „…man werde mich nicht ungehört verdammen“. Aber auch die für ihn eingelegten positiven Worte berühmter Persönlichkeiten wie Johann Wolfgang von Goethe konnte seine Situation nicht ändern. Zehn Jahre Haft auf dem Hohenasperg machten ihn zur Symbolfigur im aufklärerischen Kampf für die Freiheit. Die Gefangenschaft setzte ihm zu, konnte ihn aber nicht brechen. Auch unter widrigen Umständen machte er seine Stimme hörbar: seine Lebensgeschichte diktierte Schubart einem Mitgefangenen auf dem Asperg durch ein Mauerloch in der Wand der Zelle.
Mit seinen Werken und seiner Persönlichkeit beeindruckte Schubart viele Ludwigsburger Schriftsteller. So war er auch für den jungen Friedrich Schiller ein großes Vorbild. Aus Angst vor einem vergleichbaren Schicksal floh dieser 1782 aus Württemberg. Beide Künstler haben mit Ihren Werken auch die nachfolgenden Generationen tief geprägt.
Das Ludwigsburg Museum zeigt in seiner Ausstellung zur 300-jährigen Geschichte der Stadt Künstler, die in Ludwigsburg lebten und mit ihren Erzählungen Einfluss auf die Nachwelt nahmen. Am Beispiel von ausgewählten Exponaten stellt das Museum die Entwicklung der Stadt als Garnison, kulturelles Zentrum und Wirtschaftsstandort im Laufe der Jahrhunderte dar und regt zum Nachdenken an. http://www.ludwigsburgmuseum.de