Aalen und Schubart: seine Heimatstadt

Auch wenn er in Obersontheim geboren ist: Schubart betrachtete sich stets als Sohn der Kocherstadt. In Aalen wuchs er nicht nur auf, gern kehrte er auch immer wieder zu seiner Familie zurück. Liebevoll charakterisierte er die Stadt und seine Bürger folgendermaßen.

„In der Reichstadt Aalen, wo zwischen Bergen, Eichenwäldern und dem Fische wimmelnden Kocher 3.000 gesunde, knochenfeste, rauschallende, biedere, altdeutsche Menschen wohnen, hatte die ganze Bürgerschaft die Namen Kasper, Balthes oder Melcher. Die meisten Mädels hießen Urschel, Bärbel oder Ketter. Die Aalener sind geschäftig, wild und stark wie ihre Eichen, Verächter des Auslandes, trotzige Verteidiger ihres Kittels, ihrer Misthaufen und ihrer donnernden Mundart, kurz Bürger von altdeutscher Sitte.“

C.F.D. Schubart
Das Schubarthaus in Aalen. ©Stadtarchiv Aalen

1740 siedelte Schubarts Vater nach Aalen über. Der Pfarrvikar bezog mit seiner Familie und dem zweijährigen Sohn Christian Friedrich Daniel ein dreistöckiges Fachwerkhaus im Südosten der evangelischen Reichsstadt (heute Roßstraße). 

Schubart empfand sich zwar als dumm und faul, doch bereits mit acht Jahren übertraf er seinen Vater am Klavier und schrieb bald auch kleine Musikstücke. Als Jugendlicher durfte er die Aalener Lateinschule am Kirchplatz besuchen. Nebenan, im spätgotischen Vorgängerbau der heutigen Stadtkirche, erlernte er das Spiel an der Orgel.

Nicht zufällig erinnert zwischen Kirche und ehemaliger Lateinschule eine Plastik von Rudolf Kurz an den berühmtesten Sohn der Stadt. Geradezu gefangen wirkt Schubart in dem massiven Stein der Plastik von 2010; eine Anspielung auf seine schwere Zeit auf dem Hohenasperg.

Schubartplastik (Rudolf Kurz 2010) ©Stadtarchiv Aalen

Sehr viel fröhlicher sieht der Schubart aus, der schräg gegenüber an dem Gasthaus „Grüner Baum“ (heute Bierhalle) den Besucher grüßt. Karl-Ulrich Nuss entschied sich 2004, Schubart von seiner lebensfrohen Seite zu zeigen. Das Relief bildet ihn mit Laute und Feder ab. Mit seinen aufgeblasenen Lippen scheint Schubart geradezu aus dem Relief zu kippen. Die Darstellung kommt nicht von ungefähr. Bekanntlich war der „Grüne Baum“ Schubarts Lieblingslokal. Nach dem Umtrunk konnte er durch den Hinterausgang über die Gasse geradezu ins heimische Bett „fallen“.

Zwar verließ Schubart 1758 seine Heimatstadt, um in Erlangen Theologie zu studieren. Doch bereits 1760 kehrte er als „verkrachter Student“ kurzzeitig nach Aalen zurück, um hier mithilfe verschiedener Beschäftigungen in der Stadt sein Studienkredit zurückzuzahlen. Er predigte gelegentlich und leitete die Aalener Stadtmusik, bis er 1763 eine Stelle in Geislingen antrat.

Er kehrte zwar in der Folge nie wieder für längere Zeit nach Aalen zurück. Seine Eltern und seinen Bruder, Johann Konrad, besuchte er aber gern. Letzterer avancierte zum Stadtschreiber und als Johann Konrad heiratete, ließ es sich Christian Friedrich Daniel nicht nehmen, im Gasthaus „Zum Goldenen Lamm“ eine zünftige Hochzeitsrede zu halten.

Das weitere Schicksal Schubarts verfolgten die Aalener aus der Ferne und mit mäßigem Interesse. Dies änderte sich erst mit einigem Abstand. Anlässlich des 100-jährigen Todestags von Schubart errichteten die Aalener ihrem inzwischen berühmten Sohn 1891 auf dem heutigen Bahnhofsplatz ein Denkmal. Die Initiative ging von einem Bürgerkomitee aus, das 4.000 Mark an Spenden für Material und Bau sammelte. Die Bronzebüste erstellte der Bildhauer Ernst Curfeß unentgeltlich.

Das Schubartdenkmal, 1891 (©Stadtarchiv Aalen)

Ungefähr zur gleichen Zeit begann der Schuhmachersohn und Kommerzienrat Wilhelm Jakob Schweiker, Schubartiana zu sammeln. Die daraus hervorgegangene Schubartsammlung wurde zur Grundlage des ersten Schubartmuseums, das 1907 am Aalener Marktplatz eröffnet wurde.

Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg machten auch dem Schubart-Andenken zu schaffen. Aufgrund des zunehmenden Verkehrs versetzte die Stadt das Denkmal 1931 ohne Zeremoniell auf den Bohlschulplatz, was die Kocher-Zeitung spitz kommentierte.

„Es ist verwunderlich, dass nun der alte Präzeptor der Schuljugend nahe [steht], mit der er sich vor 125 Jahren in Geislingen vom Amts wegen hat herumschlagen müssen“

Kocher-Zeitung (1931)
Schubart-Gymnasium um 1910 (©Stadtarchiv Aalen)

Auch das Schubartmuseum musste aus Kostengründen geschlossen werden. Eine Renaissance erfuhr Schubart ausgerechnet bei den Nationalsozialisten. Diese entdeckten in ihm einen Volksdichter und vereinnahmten ihn als „Vorkämpfer für ein großes, einiges und freies Deutschland“. Der Aalener Bürgermeister Dr. Karl Schübel sah darüberhinaus in Schubart eine identitätsstiftende Figur, mit der sich die Stadt auch touristisch schmücken wollte. Das Schubart-Museum wurde wiedereröffnet und sowohl die altehrwürdige Parkschule 1936 als auch die neue Jugendherberge 1937 erhielt den Namen des Dichters. 

Ehemaliges Schubart-Museum am Marktplatz (©Stadtarchiv Aalen), auch im neuen städtischen Museum bei St. Johann soll Schubart einen Platz finden.

Unerschütterlich war die Liebe der Nationalsozialisten zu Schubart freilich nicht. Im April 1943 sollte das Schubartdenkmal für Rüstungszwecke eingeschmolzen werden, wurde allerdings bei der Altmetallfirma in Ulm nur zerschlagen. Glücklicherweise fand man nach dem Krieg einen Gipsabguss, auf dessen Grundlage der Aalener Bildhauer Buchner 1950 eine neue Bronzebüste entwarf. Seit Anfang 2002 hat diese Büste wieder einen Platz auf dem Bahnhofsvorplatz gefunden.

Schubartdenkmal auf dem Bahnhofsplatz 2002 (©Stadtarchiv Aalen)

In der demokratischen Bundesrepublik feierte man Schubart nämlich nun für seine literarischen Leistungen „in der Tradition des freiheitlichen und aufklärerischen Denkens“. Ihm zu Ehren stiftete die Stadt 1955 den Schubart-Literaturpreis. Alle zwei Jahre werden deutschsprachige Autoren geehrt, die in ihrem Schaffen Schubarts Idealen nacheifern. Zu den berühmtesten Geehrten gehören Peter Härtling, Ralph Giordano, Alice Schwarzer, Uwe Timm, Sasa Stanisic und zuletzt Daniel Kehlmann.

Darüber hinaus lädt die Stadt jährlich meinungsstarke, mutige und durchaus provozierende Persönlichkeiten in die Kulturreihe „wortgewaltig“ ein. Seit 2019 darf man nun Stadtführungen durch „Schubarts Aalen“ bei der Tourist-Information der Stadt buchen. Die Einbindung Schubarts in ein neues städtisches Museum ist fest vorgesehen.

Gründung der Schubartgesellschaft 2019 (©Stadtarchiv Aalen)

Auf die jüngste Initiative der Stadt ging die Gründung unserer Schubart-Gesellschaft zurück, die im Rahmen der Tagung „C.F.D. Schubart und die Französische Revolution“ im Februar 2019 feierlich begangen wurde.